Anläßlich der Retrospektive im Kunstverein Filderstadt, Juni 2007:

"Sehen und Erkennen" - ein Interview mit Frau Margarete Hoffmann, Stuttgart, Im Asemwald 30, vom April 2001:

Frage: Frau Hoffmann, wer die künstlerische Reife und Vielfalt Ihrer Arbeiten betrachtet, möchte von einem Leistungsgipfel sprechen. Stimmen Sie dem zu?

M. Hoffmann: Tatsächlich gefällt mir "Reife" besser. Diesen Reifegrad habe ich zu allererst erreicht durch eine Freude am kreativen Entdecken und HinzuErfahren, die nie nachgelassen hat.

Frage: Betrachten wir kurz die Zwischenstationen für Ihren heutigen Standort, also Ihren Werdegang. Er beginnt beim vierjährigen Studium bei Prof. Sigurd Merz an der Merz-Akademie, Stuttgart, dann folgten ein Jahr künstlerischer Arbeit bei Professor Orasch und acht Jahre bei Leonie Belmont, beide in Stuttgart. Und dort, im Atelierhaus Filderstrasse, beschäftigten Sie sich anschließend auch zwei Jahre lang mit dem Thema Radierung, das auch heute noch einen Schwerpunkt Ihrer Arbeit darstellt. Bis heute sind Sie bei Professor Hugo Peters engagiert. Was bedeutet jede einzelne dieser Phasen für Sie?

M. Hoffmann: Ich möchte keine einzige davon missen. Auf diese Weise habe ich die Stationen durchlaufen, die erst zu meinem heutigen Standort geführt haben.

Frage: Gleich welche Stilrichtung und Technik - immer haben Sie mit Ihren Arbeiten zur Stellungnahme herausgefordert, wachgerüttelt. Zum Beispiel Ihre grafischen Arbeiten: in ihrer manchmal schon bedrückende Groteske sind sie anklagende soziale Appelle im Geiste des großen A. Paul Weber. Von der Zeichnung bis zu Tusche und Aquarell haben Sie einzigartige Reiseeindrücke aus nah und fern fesselnd wiedergegeben. Sie haben mit Acryl- und Gouachetechnik gearbeitet und mit Collage und Linolschnitt experimentiert. Ist das alles vielleicht Rastlosigkeit?

M. Hoffmann: Nein, vielmehr betrachte ich mich als fast unbegrenzt künstlerisch neugierig! Gleichzeitig habe ich immer darauf geachtet, dass ein kreativer roter Faden in meinen Arbeiten nicht verloren geht: nämlich das Geschaute erkennen und künstlerisch so verarbeiten, dass etwas Neues entsteht.

Frage: Nun hat es auf Ihrem künstlerischen Weg zuletzt mehr als einen Schritt, nämlich einen entschlossenen Sprung gegeben - ich meine Ihre Hinwendung zur Abstraktion.

M. Hoffmann: Ja, darin ist schon eine Weichenstellung für meine künstlerische Zukunft zu sehen. Das Konsequente und zugleich Reizvolle liegt für mich darin, das ich bei der Abstraktion meinem Prinzip "Sehen und Erkennen" auf neue, bisher nicht gekannte Weise treu bleibe. Ähnlich dem abstrakten Gedanken ist auch die abstrahierte Form nichts anderes als ein geräumiges Gefäß, in dem ich Botschaften und Inhalte unterschiedlichster Art geräumig unterbringen und so deutlich ausdrücken kann. Das Sehen und Erkennen bekommt für mich dadurch eine ganz neue Qualität.

Frage: Denken wir kurz noch an den Bildbetrachter. Wie lässt sich ihm diese Bildphilosophie am besten vermitteln?

M. Hoffmann: So wie der Hörer neuerer Musik neu hören lernt, sollte der Betrachter abstrakter Malerei versuchen "neu" zu sehen - in beiden Fällen haben wir es mit einem Lernprozess zu tun, der etwas Geduld verlangt, aber am Ende die verdienten Früchte einbringt.

Die Fragen stellte Robert Mertens vom Kunstverein Filderstadt e. V., Fllderstadt-Bonlanden.